Vortrag "Wie wiegt man Schwarze Löcher"

Anfang Oktober 2020 wurde dem deutschen Astrophysiker Reinhard Genzel der Nobelpreis für Physik zugesprochen. Er erhält diese Auszeichnung zusammen mit dem britischen Mathematiker und Physiker Roger Penrose und der amerikanischen Astronomin Andrea Ghez. Reinhard Genzel ist Direktor des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching bei München.
Kurz nach Bekanntgabe der Nobelpreisverleihung nahm Frau Dr. Geschwentner Kontakt mit dem Büro des Nobelpreisträgers auf und es wurde vereinbart, dass eine Mitarbeiterin, Dr. Odele Straub, am 30.11.2020 bei uns an der Schule einen Vortrag zum Thema halten wird.

Frau Dr. Straub begann ihren Vortrag vor den Schülerinnen der Physik-Kurse der Kursstufen, die Corona-bedingt auf vier Räume verteilt waren, mit Informationen zu den Nobelpreisträgerinnen und Nobelpreisträgern.

Im ersten Teil mit dem Titel „Vom Papier an den Himmel“ erläuterte sie eindrucksvoll, wie schon am Ende des 18. Jahrhunderts der Naturforscher John Michell und der französische Mathematiker und Astronom Pierre-Simon Laplace Spekulationen über massereiche Sterne anstellten, von denen Licht auf Grund ihrer starken Gravitationswirkung nicht entweichen  kann. Mit den Feldgleichungen aus Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie von 1915 konnten Wissenschaftler wie Karl Schwarzschild und später Subrahmanyan Chandrasekhar bis zum Ende der 1920er Jahre weitere theoretische Vorhersagen machen. Anschließend beschrieb Frau Dr. Straube das „Leben und Sterben“ der Sterne, nämlich ihre Bildung aus kosmischem Staub, ihre Entwicklung etwa zu Roten Riesen und ihr Ende bis zu Milliarden Jahren nach ihrem Entstehen, als weiße Zwerge, Neutronensterne oder eben Schwarze Löcher, je nachdem wie massereich die Sterne waren.

Die bahnbrechenden Entdeckungen („Vom Himmel auf´s Papier“) der Forscherinnen und Forscher um Reinhard Genzel wurden rund um das Schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxie, der Milchstraße, durch Untersuchung der von dort kommenden Infrarotstrahlung gemacht. Diese Region ist rund 26.000 Lichtjahre entfernt, das heißt, man schaut in die Vergangenheit und sieht die Bewegung der Sterne um das Schwarze Loch so, wie sie  vor 26.000 Jahren waren. Durch die Beobachtung dieser Bewegungen konnte im Jahre 2001 dessen Masse auf etwa 3,4 Millionen Sonnenmassen bestimmt werden. Interessant dabei ist, dass man diese Massenbestimmung mit den Kepler-Gesetzen, die auch die Bewegung der Planeten in unserem Sonnensystem beschreiben, durchführen kann. Kennt man die Umlaufdauer und den Bahnradius eines Planeten um die Sonne, kann man daraus die Masse der Sonne berechnen. Durch die Beobachtung der Sterne um das Schwarze Loch über mehrere Monate konnte also die Massenbestimmung erfolgen, ein genaues Ergebnis erfordert allerdings Korrekturen unter Berücksichtigung von Einsteins Relativitätstheorie.

Für die Beobachtungen wurden die vier Acht-Meter-Spiegelteleskope des Very-Large-Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile vereint. Dadurch erhält man ein virtuelles Fernrohr mit einem Durchmesser von 130 Metern. Zudem musste mit Hilfe von adaptiver Optik der Ausgleich der Luftunruhe vorgenommen werden, die bei normaler Beobachtung das Glitzern der Sterne bewirkt. Das Teleskop ist so leistungsfähig, dass man mit ihm auf dem Mond eine Euromünze erkennen könnte.

In den letzten drei Jahren gab es weitere Entdeckungen durch die Garchinger Forscher, wie etwa die Beobachtung der Gravitations-Rotverschiebung im Licht eines um das Schwarze Loch kreisenden Sternes, die Beobachtung von Helligkeitsausbrüchen (Flares) in der Nähe des Schwarzen Lochs sowie der Nachweis einer rosettenförmigen Umlaufbahn des Sternes S2. Alle Beobachtungen stehen im Einklang mit der Relativitätstheorie Einsteins.

Zum Schluss ging Frau Dr. Straub noch auf ihre Zeit am Very-LargeTelescope (VLT) der ESO in der chilenischen Atacamawüste ein. Dort machen in einer Höhe von 2500 Metern die extrem trockene Atmosphäre und ruhige Luft astronomische Beobachtungen von solch hoher Präzision überhaupt erst möglich.
Mit einem Ausblick auf noch zu lösende Probleme in der Astrophysik, wie etwa die Dunkle Materie und die Dunkle Energie, schloss Frau Dr. Straub ihren beeindruckenden Vortrag.

Für Fragen unserer Schülerinnen zu ihrem Werdegang und ihrem Alltag blieb leider nur noch kurze Zeit.

Wir danken Frau Dr. Straub, dass sie zu uns an die Schule gekommen ist und mit ihrem begeisternden Vortrag die astronomische Forschung an Schwarzen Löchern eindrucksvoll beschrieben hat.

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