„Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahlen wären ...?“

„Niedrigste Wahlbeteiligung bei Erst- und Jungwählern“ – das waren konkret 68,8% der unter 30-Jährigen (alle Altersgruppen: 77,7) – so lautete die ernüchternde Mitteilung des Bundeswahlleiters nach der Bundestagswahl 2005. Und weiter hieß es, der „seit 1980 zu beobachtende Trend zur Wahlenthaltung bei dieser Altergruppen“ habe sich „nach einer Unterbrechung bei der Bundestagswahl 2002 fortgesetzt“[1]. In der Öffentlichkeit wird diese Abstinenz zu Recht immer wieder bedauert und nach Möglichkeiten gesucht, die jungen Menschen verstärkt für Politik zu interessieren. Dabei werden alle angesprochen, die für die politische Bildung der Jugend verantwortlich sind, also insbesondere Elternhaus und Schule, die Einrichtungen des Bundes, der Länder sowie die politischen Parteien. Die Überlegungen zur Aktivierung der Jungen reichen von der Forderung, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken, parteipolitische Veranstaltungen stärker auf die Befindlichkeiten dieser Altergruppen zuzuschneiden bis hin zu dem Vorschlag, einmal eine ganze Schule gewissermaßen probehalber wählen zu lassen.

Das haben wir am St.-Dominikus-Gymnasium getan und 2005 sowie 2009 jeweils kurz vor den Bundestagswahlen allen Schülerinnen (bis auf die Klassen 5) die Sonntagsfrage gestellt. Also: „Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahlen wären, welche Partei würden Sie wählen?“. “Wir“, das war 2005 eine 9. Klasse (G 8) und ihre Gemeinschaftskundelehrerin. 2009 übernahm eine Schülerin einer 10. Klasse die Hauptarbeit, die sich diese Umfrage als GFS anrechnen ließ. Unterstützt wurde sie von ihren Mitschülerinnen.

Das wichtigste Ziel war es, die Lernenden dazu anzuregen, sich mit den Wahlen und den Programmen der Parteien auseinanderzusetzen. Wir „überfielen“ die Klassen also nicht einfach mit der Sonntagsfrage, sondern informierten sie zunächst über das Vorhaben. Erst dann wurden „Stimmzettel“ verteilt, auf denen neben dem Platz für das Kreuz für eine vertiefende Information die Internetadressen der Parteien angegeben waren. Um differenziertere Aussagen über die parteipolitischen Präferenzen  der verschiedenen Altergruppen treffen zu können, hatten die „Stimmzettel“ für die Unter-, Mittel- und Oberstufe unterschiedliche Farben.  Es gab verbindliche Abgabetermine und die Ergebnisse wurden der Schulöffentlichkeit durch eine Power-Point-Präsentation in unserem Foyer mitgeteilt sowie in der  Schülerinnenzeitung veröffentlicht[2]. 

Haben wir nun unser Ziel erreicht, die Schülerinnen stärker für Politik zu interessieren? Beim Blick auf die Wahlbeteiligung 2005 muss die Antwort wohl „nein“ lauten. Damals beteiligten sich nur 58,2 Prozent an unserer Probewahl und unsere Schule lag damit weit unter dem Bundesdurchschnitt – auch bei den JungwählerInnen. 2009 jedoch gaben erfreuliche 80 Prozent ihr Votum ab. Und  damit war eine weitaus größere Mobilisierung gelungen als „draußen im Lande“, wo nur 70,8 Prozent zur Wahl gingen. Möglicherweise hat der 2005 erst ab Klasse 10, seit 2007 jedoch ab Klasse 8 erteilte Gemeinschaftsunterricht Anteil an der hohen Wahlbeteiligung von 2009.

Doch wie dem auch sei: Sicher ist wohl, dass sich die Schülerinnen, die an der Wahl teilgenommen haben, wenigstens kurzfristig mit ihr auseinandersetzten. Und von etlichen wissen wir, dass sie sich zur Vorbereitung auf ihren „Urnengang“ tatsächlich über die Programme der Parteien (auch durch das Anklicken des „Wahl-o-maten“ der Bundeszentrale für politische Bildung) sowie über die Wahlmodalitäten informiert und auch im Elternhaus oder mit FreundInnen mehr über Politik diskutiert haben als zuvor. Nicht zuletzt zeigte das Gedränge bei der Präsentation der Ergebnisse der Schul- und Bundestagswahlen im Foyer ein erfreuliches Interesse. Diese Aktivitäten sind in Prozentzahlen zwar nicht darzustellen, doch sie haben unseren Aufwand gelohnt und belohnt. 

[1] Johann Hahlen, Präsident des Statistischen Bundesamtes. Pressemitteilung vom 2.2.2006 (www.bundeswahlleiter.de/bundestagswahl 2005; entnommen: 3.9.2009)

[2] M., Eva, Bundestagswahl 2005 – Wie hätten wir gewählt?, in: Writing Nuns. Schulzeitung des St.-Dominikus-Gymnasiums Karlsruhe, Winter 2006, S. 26.

So hätten unsere Schülerinnen gewählt

Bundestagswahl_2009.pdf (184,4 KiB)

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