Beteiligung am Stadtgeburtstag

Hätten Sie´s gewusst? Marie Luise Kaschnitz, die bedeutende deutsche Lyrikerin und Erzählerin (1901-1974), stammte aus Karlsruhe. Ihrer wird, wie zahlreicher berühmter Persönlichkeiten, anlässlich des bevorstehenden Stadtgeburtstags in besonderer Weise gedacht: Auf vier Plätzen der Stadt präsentieren Schulen mit eigenen Kreation große Karlsruher und Karlsruherinnen auf Laborbühnen.

Schülerinnen der Jahrgangsstufe und der 10. Klasse haben mit Herrn Thiele eine mitreißende Inszenierung aus Texten von Marie Luise Kaschnitz erarbeitet, unterstützt wurden sie von den Theaterpädagoginnen Frau Wunderlich und Frau Beil. Zur Aufführung gelangt die Szenerie am 18. und 19. Juni jeweils um 14 Uhr und um 17 Uhr am Platz vor St. Bernhard – und bei unserem Schulfest am 24. Juli.

Marie Luise Kaschnitz - Schriftstellerin. Dichterin. Mahnerin.

Ihre Texte zeigen sie in ihrem außerordentlich feinfühligen, geradezu archäologischen Umgang mit der Sprache als schonungslose Beobachterin, als wachsame Mahnerin und unkonventionelle Denkerin ihrer Zeit. Sie lotet die Möglichkeiten des Wortes, seiner Macht, aber auch seiner Fragilität in höchst nuancierter Weise und sehr bewusst aus. Eine scharfsinnige Wachheit - ja Wachsamkeit - und eine Sensibilität für die Vergänglichkeit, den Zerfall und die Vernichtung allen Seins kennzeichnen ihre Beobachtungen, Befindlichkeiten, Befürchtungen ebenso wie eine gnadenlos analytische Offenheit, die uns auch heute noch zu faszinieren vermag, uns nicht nur schockiert, sondern vielleicht auch wachrüttelt, uns trifft, bewegt, erschüttert –ja verletzt. Immer wieder hält sie aber auch Trost bereit, jedoch ohne uns tröstend in Sicherheit zu wiegen. Hoffnung? Ja, aber stets mit einem Fragezeichen versehen: „Steht alles noch dahin“, heißt es in einem ihrer Texte. Manchmal glauben wir uns an Friedrich Dürrenmatts zeitgenössische Sentenz erinnert: „Gott ließ uns fallen, und so stürzen wir denn auf ihn zu.“

Eine Mystikerin, die die Abgründe menschlichen Seins bloßlegt, aber sie auch akzeptiert; die um die Bedürftigkeit des Menschen weiß, aber auch die Gnade kennt. Marie Luise Kaschnitz –in deren Kunst sich Elemente des Mystischen ebenso wie solche eines analytischen Realismus und eines zur Erkenntnis gesteigerten Surrealismus verdichten. Eine Denkerin zwischen Rom und Karlsruhe. Eine Stimme, manchmal leise, manchmal laut, stets eindringlich; eine Stimme, die wir gerade in einer Stadt der auf Zukunft gerichteten Wissenschaften als eine gegenwärtige wahrnehmen sollten, wenn nicht müssen, um uns selbst zu begreifen und ein menschliches Miteinander überhaupt erst zu erschaffen.

F. Thiele, 2015

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